Suche

Nachricht

01.11.2022 Kategorie: Andacht, Landesverband

Andacht November 2022

Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht

Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!
Jesaja 5,20 (L)

Liebe Schwestern,
„Wehe, wenn du das tust …!“ Bestimmt kommen auch Ihnen Situationen in den Sinn, in denen Sie dieses gesagt haben: zu Ihrem Kind als Warnung, in einem Streit
mit der Freundin oder dem Partner. Situationen, in denen das „Wehe“ meinem Gegenüber eine deutliche Grenze aufzeigt, eine „rote Linie“, deren Überschreitung
folgenschwere Konsequenzen haben wird. Es wird „weh“ tun, in den meisten Fällen denjenigen, denen es gesagt wird, und auch denen, die dieses „Wehe“ markieren.
Meiner Erfahrung nach spreche ich dieses „Wehe“ nicht leichtfertig aus, vielmehr sind es Momente, in denen es um Existentielles, Lebens-Wichtiges geht, Situationen,
in denen Entscheidungen gefordert sind und mit ihnen Weichen gestellt werden.

Ebenso erlebe ich es, wenn ich von einem Menschen „Wehe …!“ höre. Es setzt mich in innere Alarmbereitschaft, manchmal verstärkt sich mein Widerstand, manchmal
halte ich abrupt inne und spüre: Jetzt geht es meinem Gegenüber um das berühmte Ganze. Und heute hören wir von dem Propheten Jesaja ein solches „Weh“-Wort,
vor tausenden von Jahren gesprochen, hat es an seiner Wirkung nicht verloren. Der Prophet richtet sich an die Menschen seiner Umgebung, an ihren Lebensstil, an ihren
Umgang miteinander als Gesellschaft, in der so vieles geschieht, was gegen Gottes Wort und seine Gebote verstößt. Warnend wendet er sich in seinen sechs Wehe-Rufen
an die habsüchtigen Reichen, an Menschen, die sich für weise und verständig halten, die über das Gericht Gottes spotten oder sich in exzessivem Alkoholkonsum ergehen.
Und an die Menschen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen.

Wie aktuell ist seine Warnung, inmitten unserer Wirklichkeit als Gesellschaft und als Volk Gottes, denn als solches werden wir angesprochen: als Christinnen und Christen, in unserem Glauben, unserem Handeln mitten in unserem Lebensalltag. Wie zu Jesajas Zeiten so sind auch wir umgeben von Menschen, die augenscheinlich Wahrheiten verdrehen, „Fake News“ verbreiten, Schweres verleugnen oder Lust daran haben, ständige Drohszenarien zu verbreiten. Manchmal agieren Menschen offensichtlich, manchmal jedoch auf subtile Weise und es gibt zunehmend Ereignisse, in denen auch uns als Christinnen und Christen diese Klarheit droht verloren zu gehen. Es ist diese Spannung, die mich heute noch aufrüttelt: Wie können wir Gottes Wort folgen inmitten der Ambivalenzen von Gut und Böse, Licht und Finsternis? Wie finden wir immer wieder zur eigenen Klarheit in unserem Glauben, zur Gewissheit über
Gottes Willen und zur Orientierung an seinen Geboten? Gedanken, in die uns auch das Kirchenjahr führt, mit dem Buß- und Bettag, dem Gedenken an die historische
Schuld als Volk und der Erinnerung an Menschen, die uns verlassen haben. Tage, an denen wir uns dem Schuldigwerden Gott gegenüber mit all unseren menschlichen Dimensionen stellen. Innehalten, aber nicht um in der eigenen Finsternis zu verharren, sondern um uns bewusst Gott, dem Licht seiner Liebe und seiner Vergebung zuzuwenden. Und uns in dieser Zuwendung innerlich wieder neu ausrichten: in einem Gebet, in stillen Zeiten der Einkehr und regelmäßigem Rückzug aus meinem Alltag. Und in der Gemeinschaft mit Menschen, mit denen ich in aller Offenheit meine inneren Ambivalenzen und meine Überzeugungen teilen kann und so wieder Orientierung finde: Was ist das Gute und das Böse, das Licht und die Finsternis im Angesicht Gottes, wohin führt mich sein Weg? Sie, liebe Schwestern, die Sie heute zusammen sind, haben die Kraft so einer Gemeinschaft und geben in Ihrem Wirken anderen Menschen Orientierung inmitten all der Unklarheiten dieser Welt. Ihnen spricht Gott und sein Sohn zu: Ihr seid das Licht der Welt. So lasst das Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen. Eine eindeutige Botschaft, ohne Wenn und Aber. Mögen Sie immer wieder Gottes Stimme und Worte hören, die Ihnen zum Licht auf Ihrem Weg werden. Amen, so sei es!

Gebet mit Worten aus Psalm 119
Wohl denen, die ohne Tadel leben,
die im Gesetz des Herrn wandeln!
Wohl denen, die sich an seine Mahnungen halten,
die ihn von ganzem Herzen suchen,
die auf seinen Wegen wandeln
und kein Unrecht tun.
Wenn ich schaue allein auf deine Gebote,
so werde ich nicht zuschanden.

Ich danke dir mit aufrichtigem Herzen,
dass du mich lehrst die Ordnungen deiner Gerechtigkeit.
Deine Gebote will ich halten;
verlass mich nimmermehr!
Öffne mir die Augen,
dass ich sehe die Wunder an deinem Gesetz.
Zeige mir, Gott, den Weg deiner Gebote,
dass ich sie bewahre bis ans Ende.
Meine Seele verlangt nach deinem Heil;
ich hoffe auf dein Wort.
Meine Augen sehnen sich nach deinem Wort
und sagen: Wann tröstest du mich?
Wenn dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre,
so wäre ich vergangen in meinem Elend.
Dein Wort ist meines Fußes Leuchte
und ein Licht auf meinem Wege.
Erhalte mich durch dein Wort, dass ich lebe,
und lass mich nicht zuschanden werden in meiner Hoffnung.
Stärke mich, dass ich gerettet werde,
so will ich stets Freude haben an deinen Geboten. Amen.

Lieder
Vaterunser, gesungen nach der Melodie EG 188
EG 295 Wohl denen, die da wandeln
EG 346,1-4 Such, wer da will
EG 347 Ach bleib mit deiner Gnade (auch als gemeinsames
Gebet vor dem Segen zu sprechen)

Segen
Gott segne dich und behüte dich.
Gott lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.
Gott erhebe sein Angesicht auf dich und er gebe dir Frieden. Amen.

Beitrag von Ulrike Brand-Seiß