Neige, Herr, dein Ohr und höre! Öffne, Herr, deine Augen und sieh her! 2. Könige 19,16 (E)
Das Reich König Davids war zur Zeit Hiskias in zwei Königreiche zerfallen, das Nordreich Israel und das Südreich Juda. Mit 25 Jahren wurde Hiskia König von Juda. „Er tat, was dem Herrn wohlgefiel.“
Die vielen verschiedenen Götzenbilder, denen die Menschen dienten, ließ er entfernen. Sein Volk sollte sich nur auf den Gott verlassen, der Himmel und Erde gemacht hat. Hiskia ließ den Tempel in Jerusalem aufwendig restaurieren und den Gottesdienst reformieren.
Im vierzehnten Regierungsjahr des Hiskia zieht der assyrische König Sanherib gegen Juda. Das übermächtige Heer steht vor den Toren Jerusalems. Hiskia möchte unbedingt einen Krieg vermeiden und bietet den Assyrern Geld an.
Sanherib kassiert die riesigen Mengen an Gold und Silber. Aber er belagert weiter Jerusalem. Der König von Juda will sich jedoch nicht unterwerfen. Sein tiefer Glaube gibt ihm Kraft. Delegationen beider Kriegsparteien treffen vor den Toren der Stadt aufeinander. Der Obermundschenk der Assyrer verspottet in seiner Rede nicht nur König Hiskia, sondern auch sein Gottvertrauen: „Was ist das für ein Vertrauen, was du hast? Auf wen verlässt du dich denn?“ Auch Gott selber wird verhöhnt: „Ausgerechnet der Herr, euer Gott, soll Jerusalem vor mir bewahren?“, so der Obermundschenk.
Die Gesandten berichten Hiskia von diesem Hohn und Spott. Sofort zerreißt er seine Kleider und zieht sein Trauergewand an. In dieser aussichtslosen Lage geht er zum Tempel und bittet Gott um die Rettung der Stadt. Dann schickt er seine Männer zum Propheten Jesaja. Sie sollen ihm sagen, dass das Volk in Not und Schande geraten ist. Jesaja teilt ihm Gottes Botschaft mit: Er soll sich vor den Worten der Knechte des assyrischen Königs nicht fürchten. Gottes Geist werde die Assyrer zur Rückkehr bewegen.
Aber Sanheribs Obermundschenk prahlt weiter und schickt eine Botschaft an den König Hiskia. Nachdem er den Brief gelesen hat, geht er in den Tempel und breitet ihn vor dem Herrn, seinem Gott, aus. Er betet inständig: Herr, Gott Israels, der du über den Cherubinen thronst, du bist allein Gott über alle Königreiche auf Erden, du hast Himmel und Erde gemacht. Herr, neige dein Ohr und höre. Öffne deine Augen und sieh her! Ja, höre die Worte Sanheribs, der hierher gesandt hat, um den lebendigen Gott zu verhöhnen. … Herr, unser Gott, errette uns aus seiner Hand, damit alle Königreiche auf Erden erkennen, dass du, Herr, allein Gott bist.
Jesaja bestätigt nochmals den Zuspruch des Herrn. Nicht Jerusalem wird geschlagen werden, sondern der Feind – und zwar von Gott selbst: Der Engel des Herrn tötete in einer Nacht 185 000 assyrische Soldaten und Sanherib zog ab.
Ich schreibe diese Andacht mitten in der Zeit der gelockerten Corona-Bestimmungen. Alle paar Wochen gibt die Landeskirche eine neue Verordnung heraus, wie die Menschen sich in der Kirche, in der Gemeinde verhalten sollen. In den vergangenen Monaten des Lockdowns haben wir uns gegenseitig Mut zugesprochen z. B. durch Briefe oder durch Telefonanrufe: „Legt eure Sorgen und Ängste in Gottes Hand. Er wird‘s wohl machen.“ Die Frage nach Vertrauen war für viele Menschen sehr wichtig. Diese außergewöhnliche Situation hat allen deutlich gemacht: Wir sind darauf angewiesen, dass Gott uns mit seinem Segen begleitet.
Was hat das mit Hiskia zu tun? Die Corona-Pandemie war am Anfang eine extreme Situation, wohl vergleichbar mit der militärischen Situation, der Hiskia ausgesetzt war. Sein Gottvertrauen wurde auf die Probe gestellt. Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig es ist Vertrauen zu wagen – Vertrauen zu haben. Hiskias Geschichte ist ein Beispiel dafür, dass wir Gott vertrauen dürfen, in schwierigen Situationen, in Not und unter äußerstem Druck. Die biblische Erzählung ist geprägt von Schilderungen, in denen der König bedrängt wird. Der Obermundschenk des assyrischen Königs übergießt das Volk und seinen König mit Hohn und Spott, um von Hiskia eine Entscheidung zu erzwingen.
Wer kennt das nicht, wenn Entscheidungen immer wieder eingefordert werden und es kaum Lösungsmöglichkeiten gibt. Derartige Situationen gehören zum menschlichen Leben, deshalb gibt es auch Redewendungen, die das zum Inhalt haben: „Mit dem Rücken an der Wand stehen.“ „In die Ecke gedrückt werden.“ Hiskia steht mit dem Rücken an der Wand. Durch den Bericht seiner Gesandten ist sein Herz voll Angst und Not. Er geht in den Tempel und schüttet Gott sein schweres Herz aus. Der König Hiskia redet Gott an und schafft eine Verbindung zu seinem Gott. Dann sagt er, was Sanherib den Menschen schon angetan hat und dass Juda nicht gegen die Überlegenheit des assyrischen Heeres ankommen kann. Mit seiner Bitte um Hilfe spricht er seine große Hoffnung aus, dass Gott alles in seine Hand nehmen möge.
So wie Hiskia den Tempel aufsuchte, so können wir unsere Ängste und Sorgen vor Gott tragen. Und dann ist es gut, wenn auch wir uns deutlich machen, mit wem wir sprechen, wenn wir beten: „Vater, Schöpfer, Herr der Welt …!“ Wir spüren dann, dass wir nicht allein sind, dass Gott uns nahe ist. Wenn wir jetzt unser Herz ausschütten, verändern wir nicht automatisch unsere Situation. Aber es verändert uns in der Situation. Die Not bleibt nicht in uns stecken. Mit Gott können wir über unsere Nöte sprechen.
Oft wissen wir nicht, wie das, was uns Sorge macht, am Ende ausgeht. So dürfen wir auch unsere Wünsche beim Beten aussprechen und mit einer hoffnungsvollen Bitte schließen. Es ist nicht leicht, aber gut für uns, dann zu vertrauen, dass Gott alles in seine Hand nimmt.
Wenn wir nicht mit eigenen Worten beten mögen, dann finden wir in der Bibel, z. B. im Alten Testament bei den Psalmen, eine Vielfalt von Gebetsworten. Sie können unseren Erfahrungen vor Gott Ausdruck verleihen, so wie der unter der Überschrift „In Gottes Händen geborgen“ stehende Psalm 31. Gemeinsam beten wir zum Abschluss diesen Psalm 31, wie er im Gesangbuch steht unter der Nummer 716: „Herr, auf dich traue ich!“
Gebet
Aus Psalm 31: „In Gottes Händen geborgen“ / „Sei mir ein starker Fels“
(EG 716; die Verse 2-6,8-9,15-17)
Lieder
EG 607 Vertrauen wagen
EG 398 In dir ist Freude
EG 166 Tut mir auf die schöne Pforte (V 1,2,5,6)
EG 243 Lob Gott getrost mit Singen (V 1,2,4,6)
Lasst euch segnen
Der Herr segne dich und behüte dich.
Er schaffe dir Rat und Schutz in allen Ängsten.
Er gebe dir Mut, aufzubrechen,
und die Kraft, neue Wege zu gehen.
Er schenke dir die Gewissheit, heimzukommen.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Gott sei Licht auf deinem Weg.
Er nehme dich bei der Hand und gebe dir viele Zeichen seiner Nähe.
So segne dich Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.