Apostelgeschichte 10,28 (E)
Wohin mit unseren Vorurteilen?
Der Apostel Petrus hat eine klare Grenze, für wen die Liebe Gottes gilt. Und diese Grenze wird durch sein Vorurteil gezogen. Römer sind unrein. Man hat besser nichts mit ihnen zu tun. Und das braucht man ja auch nicht: Jesus ist sowieso nur zu den Juden gekommen, um das auserwählte Volk Gottes zu befreien. Gut für uns, Pech für die anderen. So flüstert es das Vorurteil Petrus zu.
Vorurteile. Jeder von uns hat sie. Wir alle tragen sie mit uns herum. Und das ist auch in Ordnung. Denn sie erlauben uns, schnell auf das zu reagieren, was auf uns zukommt, es zu beurteilen und darauf angemessen zu reagieren. Aber Vorurteile ziehen oft auch falsche Grenzen.
Vorurteile sind Wahrheiten, die uns zumeist von anderen übermittelt werden. Wir haben sie nicht selbst entwickelt, nicht aus unseren Erfahrungen herausgezogen. Denn es wäre mehr als anstrengend, alles abzuwägen, bis wir dann zu einem Urteil gekommen sind, was richtig ist oder falsch, angemessen oder verwerflich.
Es ist aber entscheidend, ob sich Vorurteil als Dummheit, Überzeugung als Ideologie oder Glaube als Fanatismus offenbart. Denn die halten an überholten Denkmustern fest.
Es gibt natürlich Vorurteile, die sind von Anfang an dumm. Das gilt für alle, die jeder Vernunft Hohn sprechen. Dass blonde Frauen per se geistig umnachtet sind, Männer bessere Autofahrer seien, deutsche Kultur allzeit überlegen, dass überhaupt so etwas wie menschliche Rassen existieren sollen, ist und bleibt dumm und das widerspricht aller Logik.
Hier geht es aber um Überzeugungen, durch die wir uns in unserer Welt orientieren. Und es geht um die Freiheit, diese Überzeugungen auch ändern zu können, wenn die Wirklichkeit das nahelegt. Jesus nachzufolgen heißt nicht nur, Tradiertes festzuhalten. Es bedeutet von Zeit zu Zeit auch, auf Menschen zuzugehen, zu denen man vorher nie gegangen wäre.
Nachfolge heißt, frisch, fromm, fröhlich und vor allem frei jedes Vorurteil fahren zu lassen, wenn Jesus vor einem eine neue, weitere und liebevolle Wahrheit ausgebreitet hat. Wenn Sie das nächste Mal ein Vorurteil in Versuchung führt, an einer alten Wahrheit festzuhalten, dann haben Sie die Wahl, die Grenze zu überspringen – oder eben nicht. Mal schauen, wie es ausgeht.
Amen.
Gebet
Herr, erwecke deine Kirche
und fange bei mir an!
Herr, baue deine Gemeinde
und fange bei mir an!
Herr, lass Frieden überall auf Erden kommen
und fange bei mir an!
Herr, bring deine Liebe und Wahrheit zu allen Menschen
und fange bei mir an!
Gebet eines chinesischen Christen
oder:
Herr, ich bitte dich:
Nimm die Vorurteile aus unseren Herzen,
damit wir überwinden, was uns trennt.
Nimm die Ängste aus unseren Herzen,
damit wir einander vertrauen.
Nimm die Gleichgültigkeit aus unseren Herzen,
damit deine Liebe uns einen kann. Amen.
Segen
Gott segne uns mit liebevollen Augen.
Gott segne uns mit einem offenen Herzen.
Gott segne uns mit dem Mut, Grenzen zu überwinden.
So segne uns Gott Vater, Sohn und heiliger Geist.
Amen.
Lied
EG 619 Damit aus Fremden Freunde werden