Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem HERRN, denn er kommt, um die Erde zu richten.
1. Chronik 16,33 (E)
Wie stellen Sie sich – liebe Frauenhilfsschwestern – einen jubelnden Baum vor? Ich meine, gibt’s so was überhaupt? Streckt er die Äste nach oben wie ein Mensch seine Arme?
Oder winkt er uns stürmisch entgegen? Und was für Jubel-Töne macht ein Baum? Rauscht er in den Zweigen und pfeift?
Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem HERRN, denn er kommt, um die Erde zu richten.
Wann jubelt ein Baum? Im Frühling, wenn die ersten grünen Spitzen kommen? Nach
einem langen, kalten Winter? Oder im Sommer, wenn er genügend Sonne und Wasser
aufgesaugt hat, und so richtig satt und funkelnd grün mit weiten Blätterdächern in die
Landschaft grüßt? Wenn er Schatten spenden kann und Menschen und Vögeln Zuflucht gewährt?
Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem HERRN, denn er kommt, um die Erde zu richten.
Schauen wir in den Oberharz, dann jubeln die Bäume nicht mehr! Kahlschläge an allen Orten. Bedrückend! Beängstigend schon! Klimawandel? Borkenkäfer? Schauen wir
in die Welt: Tornados, Waldbrände, sich ausweitende Wüsten, Überflutungen. Seltsam verbunden sind wir mittlerweile weltweit-naturkatastrophal.
Die Erde ist verletzt, wir spüren es. „Rede zur Erde, sie wird dich lehren“, heißt es im Buch Hiob. Und Bernhard von Clairvaux, der Ordensheilige der Zisterzienser, einer der
größten Orden, sagt: „Du wirst mehr in den Wäldern finden als in den Büchern. Die Bäume und die Steine werden dich Dinge lehren, die dir kein Mensch sagen wird.“
Ist das so?
Glauben Sie das auch?
Können wir von den Bäumen lernen?
Und wenn ja, was?
In seinem Buch „Das geheime Leben der Bäume“ erzählt der Förster und BestsellerAutor Peter Wohlleben von seinen Erlebnissen mit den Bäumen: wie sie fühlen und
kommunizieren, wie sie Freundschaften schließen und Gemeinschaften bilden. Doch warum, fragt er, sind Bäume derart soziale Wesen? Warum teilen sie ihre Nahrung mit
Artgenossen und päppeln sogar noch die Konkurrenz auf? Die Gründe sind die gleichen wie bei menschlichen Gesellschaften: Gemeinsam geht es besser. Ein Baum ist kein
Wald, kann kein lokales ausgeglichenes Klima herstellen, ist Wind und Wetter schutzlos ausgeliefert. Zusammen dagegen schaffen viele Bäume ein Ökosystem, das Hitze- und
Kälte-Extreme abfedert, eine Menge Wasser speichert und feuchte Luft erzeugt. In so einem Umfeld können Bäume geschützt leben, uralt werden und jubeln.
Haben Sie’s gehört? Um das zu erreichen – schreibt er weiter – muss die Gemeinschaft um jeden Preis erhalten bleiben. Würden sich alle Exemplare nur um sich selber
kümmern, dann erreichten etliche nicht die Altersphase. Ständige Todesfälle hätten viele größere Löcher zur Folge, wodurch Stürme leichter hineinfahren und weitere Stämme
umwerfen könnten. Die Sommerhitze würde bis zum Waldboden vordringen und ihn austrocknen. Darunter würden alle Bäume leiden. Jeder Baum ist also wertvoll für die
Gemeinschaft und verdient es, so lange wie möglich erhalten zu werden.
Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem HERRN, denn er kommt, um die Erde zu richten.
Untrennbar sind wir Menschen als Geschöpfe Gottes mit allen anderen Geschöpfen verbunden, auch mit den Bäumen. Unser Atem, Gottes Atem ist auch der Natur eingehaucht. Wie Liebende, die nicht ohne einander können, tauschen wir den Atem miteinander, um zu leben. Wobei, die Bäume könnten schon ohne uns … aber wir nicht ohne sie.
Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem HERRN, denn er kommt, um die Erde zu richten.
In den beiden Jahren der Pandemie sind viele Menschen nach draußen gegangen, haben sich in die Wälder und Parks gerettet und Bruder und Schwester Baum haben sie fürsorglich aufgenommen und aufgerichtet. Wenn der Herr kommt, um die Erde zu richten, dann richtet er auf! Dies ist sein Wesen, und nicht erst am Ende der Zeit, sondern schon jetzt: Denn seine schöpferische Kraft ist in den Schwachen mächtig: den Bäumen, den
Sträuchern, den Fischen und Vögeln, den Blumen, den Menschen.
Und ist das nicht schon ein Grund zu danken und zu jubeln, jeden Tag neu?
Ich will mich – gegen alle Zerstörung von Leben – Tag für Tag – einbetten in die Hoffnung unserer Schwestern im Glauben, die vor mehr als 2400 Jahren glaubten und
bekannten: „Wenn Gottes herrlicher Geist kommt, dann wird er die Erde aufrichten. Und dann werden die Bäume jubeln.“ Und wir auch. Und ich will mich mit ihnen darauf
freuen, dass irgendwann einmal an einem fernen Tag, den ich nicht mehr erleben werde, meine Töchter und Söhne und Kindeskinder einen himmlischen Freudenjubel erleben
werden, weil sie die Schöpfung achten, Gott ihre Wunden und Schmerzen heilt und sie aufgerichtet miteinander leben. Halleluja! Amen.
Gebet (nach Lothar Zenetti)
Herr, wie ein Baum so sei vor dir unser Leben.
Herr, wie ein Baum sei vor dir unser Gebet.
Gib Wurzeln uns, die in die Erde reichen,
dass tief wir gründen in den alten Zeiten,
verwurzelt in dem Glauben unserer Mütter.
Gib uns die Kraft, zum festen Stamm zu wachsen,
dass aufrecht wir an unserem Platze stehen
und wanken nicht,
auch wenn die Stürme toben.
Gib, dass aus uns sich Äste frei erheben,
oh, unsere Kinder, Herr, lass sie erstarken
und ihre Zweige stecken in den Himmel.
Gib Zukunft uns und lass die Blätter grünen
und nach den Wintern Hoffnung neu erblühen,
und wenn es Zeit ist, lass uns Früchte tragen.
Herr, wie ein Baum so sei vor dir unser Leben.
Herr, wie ein Baum sei vor dir unser Gebet. Amen.
Lieder
Komm, bau ein Haus (… pflanz einen Baum)
(in: Das Liederbuch – Lieder zwischen Himmel und Erde 10)
EG 503 Geh aus, mein Herz, und suche Freud
EG 641 Nun steht in Laub und Blüte
(Melodie: Wie lieblich ist der Maien)
Segen
(Die Frauenhilfsschwestern sehen sich an, legen einander,
wenn möglich, die rechte Hand auf die Schulter und sprechen
einander zu:)
Vergiss es nie: Dass du lebst, war keine eigene Idee,
und dass du atmest, kein Entschluss von dir.
(Hier kann der ganze Liedtext „Vergiss es nie“ von Paul Janz in der
Übersetzung von Jürgen Werth gesprochen werden; in: Ich freue
mich, Lieder zum Mitsingen, S. 132; in anderen Liederbüchern und
auf verschiedenen Internetseiten)
Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu!
Du bist kostbar!
Du bist gesegnet!
Denn du bist du!