Es ist August, einer von den Tagen, an dem früh morgens schon der Nebel in den Wiesen steht. Es hatte viel geregnet in den letzten zwei Tagen, die Luft war schwer und stickig. Frau Wille[1] saß noch am Frühstückstisch, das abgerissene Kalenderblatt mit der Tageslosung neben ihrer Kaffeetasse. Die Gelenke machten ihr heute schwer zu schaffen, besonders die Knie. Die hohe Luftfeuchtigkeit bekam ihr nicht gut.
Es klingelte an der Haustür. „Ach, das wird der Postbote sein“, dachte sie und öffnete die Tür. Er übergab ihr heute mehrere Briefe, die übliche Reklame und …. einen Umschlag mit schwarzem Rand. Sie ließ sich auf den Stuhl fallen, die Gelenke schmerzten. Hastig riss sie das Kuvert auf, da stand „Ida Hartmann“ in großen Buchstaben, für immer von uns gegangen.
Ida war die letzte von den Altersgenossinnen, schon bevor sie eingeschult wurden, haben sie zusammen gespielt. Neben ihr lag immer noch das Kalenderblatt mit der Losung aus Psalm 147 Vers 3. Sie legte das Blatt kopfschüttelnd zur Seite, so ein Unsinn. Weder heilte Gott ihre Gelenke noch konnte er ihre Freundin ersetzen. Daran können nur Menschen glauben, denen es gut geht.
Sie dachte an ihre Freundin, zehn Jahre gingen sie gemeinsam zur Schule, waren unzertrennlich, Krankenschwestern sind sie geworden. Später haben sie sich aus den Augen verloren, haben ihre eigenen Familien gegründet, waren für ihre Kinder da. Als sie beide, viel zu früh, ihre Männer verloren, sind sie sich wieder näher gekommen, haben viel zusammen unternommen, große Wandertouren im Bayrischen Wald, und mit dem Fahrrad haben sie den Bodensee umfahren. Viel gelacht und geweint haben sie miteinander, gut gegangen ist es ihnen.
Die Erinnerungen liefen wie ein Film vor ihrem inneren Auge ab, sie lächelte ganz unbewusst.
Plötzlich fiel ihr Blick wieder auf das Kalenderblatt. „Gott heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden“, las sie. Es kam eine innere Ruhe und Zufriedenheit in ihr auf, die sie ihr Leid und den Verlust der Freundin vergessen ließ, sie faltete die Hände und betete.
Lieder:
EG 304 Lobet den Herren
EG 324, 1-4, 7-9 Ich singe dir mit Herz und Mund
Gebet
Gott, zu dir rufe ich:
In mir ist es finster,
aber bei dir ist das Licht,
ich bin einsam,
aber du verlässt mich nicht.
Ich bin kleinmütig,
aber bei dir ist die Hilfe.
Ich bin unruhig,
aber bei dir ist der Friede.
In mir ist Bitterkeit,
aber bei dir ist die Geduld.
Ich verstehe deine Wege nicht,
aber du weißt den Weg für mich. Dietrich Bonhoeffer
Segen
Mögest in deinem Herzen du so manchen reichen Lebenstag
in Dankbarkeit bewahren.
Mit den Jahren wachse jede Gabe, die Gott dir einst verliehen –
um alle, die du liebst, mit Freude zu erfüllen.
In jeder Stunde, Freud und Leid,
lächelt der Menschgewordene dir zu –
bleib du in seiner Nähe.
Irischer Segenswunsch
[1] Die Geschichte und die Personen sind frei erfunden. Sie können Namen Ihrer Wahl einsetzen, um Verwechslungen mit lebenden Personen zu vermeiden.