... soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Heil unter ihren Flügeln.
Maleachi 3,20 (L)
Ich bin Nicole, eine 45jährige Ehefrau, die Mutter einer 10jährigen Tochter und eines 6jährigen Sohnes. Ich habe Jura studiert und hatte eine gute Arbeitsstelle bei einem Versicherungsunternehmen. Nach der Geburt unseres Sohnes habe ich meine Arbeit bei der Versicherung nicht wieder aufnehmen können, weil ich keine verlässliche Betreuung für meine Kinder finden konnte. Die Kita meines Sohnes z. B. rief häufiger morgens um 7 Uhr an, um mitzuteilen, dass aufgrund von Personalmangel unser Sohn heute nicht in die Einrichtung gebracht werden könne. Eine spontane Hilfe war nicht in Sicht, so dass ich mich „Kind krank“ melden musste.
Das hat auch meinem Arbeitgeber nicht gefallen. Mein Mann und ich waren bei der Wiederaufnahme meiner Arbeit davon ausgegangen, dass die Zusicherung des Staates bezüglich eines verlässlichen Kitaplatzes eingehalten würde. Leider mussten wir andere Erfahrungen machen. Da uns die Entwicklung unserer Kinder sehr am Herzen lag und liegt, bin ich selbst zuhause geblieben. Heute sehe ich keine Möglichkeit, in meinen alten Beruf so schnell wieder zurückzukehren, wenn es überhaupt noch möglich sein wird. Ich bin dankbar, dass mein Mann eine feste Stelle hat und wir ein gutes und sicheres Einkommen haben.
Trotzdem nagt manchmal der Zweifel in mir:
Bin ich weniger wert, weil ich nicht in meinem Beruf tätig sein kann?
Wie stünde ich bei einer Trennung da?
Wie sieht meine spätere Versorgung aus?
Werde ich im Alter eine ausreichende Rente bekommen?
Viele Fragen quälen mich, nicht immer, aber von Zeit zu Zeit. Gegenwärtig werden all meine Kräfte aufgezehrt. Zu den Aufgaben in meiner Familie ist auch noch die Versorgung meiner Schwiegereltern, die ganz in unserer Nähe wohnen, hinzugekommen. Für meine Bedürfnisse und Interessen bleibt keine Kraft und wenig Zeit. Ist das gerecht?
Wer unterstützt mich, wenn meine Kräfte völlig verschwinden sollten? Häufig mache ich eine gute Miene zum „bösen Spiel“. Ich versuche, allen gerecht zu werden. Aber ich habe das ungute Gefühl, dass es mir dabei immer schlechter geht. Ich werde zunehmend unzufriedener und unausgeglichener, der Stresspegel nimmt ständig zu. Auch die Adventszeit scheint für mich keine Zeit der Freude zu werden. Ich fühle mich ausgebrannt.
Können mir die Worte des Propheten Maleachi in meiner Situation etwas sagen? Oder bleiben meine Ohren, vor allem bleibt mein Herz verschlossen? Was meint der Prophet, wenn er sagt: „Euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Heil unter ihren Flügeln.“
Ich nehme die biblische Information zur Kenntnis: In dem Monatsspruch für Dezember 2025 erinnert Maleachi daran, dass sich Menschen in aller Not auf Gott verlassen können, wenn sie mit Gottes Wirken in aller Hektik und allen Anforderungen des Tages rechnen. Christen vertrauen auf Gottes Gerechtigkeit, die Kraft und Mut schenken will; denn Glaubende fühlen sich durch Gott bedingungslos angenommen. Alle Herausforderungen sollen sich umkehren können; Auftrieb für die Seele soll es geben und eine innere Ruhe und Heilung möglich sein.
Was kann ich, Nicole, tun, um diese Worte auf mich zu beziehen; vor allem, um eine innere Ruhe, Ausgeglichenheit und „Heilung“ zu erfahren? Sollte ich über meine Situation vielleicht noch einmal nachdenken? Ist es hilfreich, an der Klagemauer stehen zu bleiben? Andere, die Verhältnisse, mich selbst auf die Anklagebank zu setzen?
Vielleicht sollte ich mich einige Schritte von der Klagemauer entfernen, um die von ihr verdeckten Sonnenstrahlen aufnehmen zu können. Kann ich nicht in allen Anforderungen auch Gutes und Unterstützendes finden? Meine Kinder machen mir viel Freude und mein Mann tut sein Bestes. Die Zukunft hält vielleicht auch für mich schöne Überraschungen und Entwicklungsmöglichkeiten bereit, die mich rundum zufriedener und glücklicher machen, z. B. die Aufnahme einer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit. Wenn, ja wenn ich Wichtiges vom Unwichtigen unterscheiden lerne und neue Schwerpunkte und Perspektiven entwickele?!
Und vielleicht sollte ich auch dem Gebet, dem Gottesdienstbesuch mehr Raum geben. Ich könnte meine Familie mit einbeziehen und ein gutes Miteinander fördern. Ich denke, dass ich meine religiöse Erziehung, die schon in meinem Elternhaus durch die Taufe und Konfirmation und durch die Mitarbeit in der Jugendarbeit meiner Heimatgemeinde erfolgt ist, sehr vernachlässigt habe, weil ich mich immer stärker habe vereinnahmen lassen, durch Beruf und Familie.
Doch ‒ hat nicht schon mein Konfirmator gesagt, dass das Gebet und der Gottesdienst eine Kraftquelle seien? Er sprach von einer Tankstelle, an der man sich mit Energie versorgen könne. Das wäre auch mein Wunsch, von Engeln ohne Flügel beflügelt zu werden!
Ich falte vertrauensvoll meine Hände zum
Gebet und spreche meinen Schöpfer an:
Lieber Gott,
du hast mir das Leben geschenkt und versprochen,
an meiner Seite zu sein.
Meine Aufgaben wachsen mir über den Kopf.
Ich bin angespannt und unkonzentriert,
weil so vieles auf mich einstürmt.
Ich weiß nicht, wie ich alle Aufgaben bewältigen soll.
Jetzt in der Adventszeit ist es noch hektischer als sonst.
Gib mir doch Stille, auf dich zu hören.
Gib mir die Gewissheit, dass du mir nicht mehr zumutest,
als ich leisten kann.
Hilf mir zu erkennen, was unnötig ist,
und gib mir Kraft, das Nötige zu tun.
Gott, erhöre mich!
Schicke mir doch nur einen Engel! Amen.
Segen
Der Engel des Alltags sei mit dir.
Wenn du so lebst,
als sei das Glück immer woanders
und erst immer später zu finden,
öffne er dir die Augen für das Hier und Jetzt.
Er lasse dich das Glück entdecken,
das Gott für dich bereithält
‒ nicht irgendwo in deinen Träumen,
sondern an dem Ort, an den er dich gestellt hat.
Gott segne und behüte dich auf all deinen Wegen. Amen.
Lieder
EG 262,1-3 Sonne der Gerechtigkeit
EG 268,1-3 Strahlen brechen viele aus einem Licht
EG 295,1-3 Wohl denen, die da wandeln vor Gott in Heiligkeit
EG 11 Wie soll ich dich empfangen
