Ein Säugling schreit und findet Trost im Arm der Mutter, in leise gesprochenen Worten, in einer gesummten Melodie, ganz nah an dem kleinen Köpfchen. Nähe und Wärme verbinden sich mit Wort und Melodie zu Trost Trost, der wieder und wieder erfahren ein ganzes Leben prägt.
Die Vierjährige mit Schrammen an Seele und Knie, laut schluchzend, findet Trost auf dem Schoß der Mutter. Wirklicher Trost schweigt und leidet mit, nimmt die Gründe für den Schmerz ernst. Bis du heiratest, ist alles wieder gut oder Indianer kennt keinen Schmerz sind kein Trost, sondern Vertröstung. Wirklicher Trost trägt durch ein ganzes Leben.
Ein Mensch am Ende seines Lebens spürt eine Hand, eine Stimme, eine Melodie, die tröstend und begleitend über die Schwelle hilft, deren Übertreten so unglaublich schwer sein kann. Wahrer Trost hilft der Sterbenden zu gehen und versucht nicht, sie festzuhalten.
Am Anfang und am Ende unseres Lebens, immer wenn Krisen und Brüche, Trennungen und Schmerzen, Verunsicherung und Orientierungslosigkeit unser Leben prägen, sind wir Trostbedürftige. Die Frage nach dem wahrhaftigen, dem wirklichen Trost ist nicht nur ein adventliches Thema; sie ist ein Lebens- und ein Glaubensthema.
Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet so nahe wie eine Mutter dem Kind auf ihrem Arm oder ihrem Schoß will Gott seinem Volk Israel sein. Die Kinder Jerusalems sollen auf Knien getröstet werden (Jes 66, 12). Alles, was das Volk an Bedrängung, Verfolgung, Unterdrückung und Entfremdung erfahren hat, soll bei Gott aufgehoben werden und in vollkommenen Trost verwandelt werden. Jesaja spricht vom Trost für das ganze Volk Gottes.
Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet. Trost nimmt den Alltag auf, den Schmerz, das Verlassensein, die Verletzungen, die Tränen. Trost durchschreitet den Schmerz, nimmt ihn ernst und trägt ihn in eine andere, in Gottes Wirklichkeit. Trost wird persönlich vermittelt, entsteht in Beziehung. Trost ist persönlich verbürgt. Der verheißene Trost Gottes, der verheißene Trost Jesu Christi gilt den Verzagten.
Trösten und nichts als zu trösten ist das Amt der Kirche so schreibt Luther in seiner Abhandlung über das Evangelium in den Schmalkaldischen Artikeln. Das Trostamt ist der eigentliche Auftrag der Kirche, der Auftrag aller, die glauben können, dass das Heil kommt.
Was brauchen wir, um das Trostamt der Kirche, der Christinnen und Christen, der Gemeinden und Frauenhilfen erfüllen zu können? Wir brauchen einen geschärften, einen aufmerksamen Blick, um die Trostbedürftigkeit der Menschen um uns herum wahrzunehmen. Wir brauchen ein offenes Herz, um die Verzagten trösten zu können. Wir müssen uns in die Tiefe wagen, uns selbst öffnen, unser Herz weit machen.
Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet der so spricht, kommt uns als Kind in der Krippe ganz nahe. Der so spricht, hat in der Einsamkeit eines Gartens geweint. Der so spricht, hat sein verletztes und geschundenes Leben am Kreuz gelassen. Wenn wir uns in diesen Tagen auf Weihnachten vorbereiten, auf das Fest der Sinne, der Bilder, der Lieder und Gerüche, auf das Fest der anrührenden Liebe, dann geht es zuletzt immer um Vertrauen. Es geht nicht um eine heile, sondern um eine getröstete Welt. Es geht um eine getröstete Welt, die voller Hoffnung nach vorn und nach oben schaut. Denn uns gilt eine andere Verheißung und Aufforderung:
Stärkt die müden Hände,
macht fest die wankenden Knie.
Saget den verzagten Herzen:
Seid getrost, fürchtet euch nicht.
Seht das ist euer Gott. (Jes 35, 3ff)
Ich wünsche uns eine trosterfüllte Advents- und Weihnachtszeit. Amen.
Lieder
EG 7 Oh Heiland, reiß die Himmel auf (Strophe 4)
EG 11 Wie soll ich dich empfangen (Strophe 3)
EG 15 Tröstet, tröstet, spricht der Herr
EG 571 Tragt in die Welt nun ein Licht
Lebenssegen nach Psalm 21
Keinen Tag soll es geben, da du sagen musst:
Niemand ist da, der mir hilft in meiner Not.
Keinen Tag soll es geben, da du sagen musst:
Niemand ist da, die mich erfüllt mit ihrem Trost.
Keinen Tag soll es geben, da du sagen musst:
Niemand ist da, der mich hält in seiner Hand.
Keinen Tag soll es geben, da du sagen musst:
Niemand ist da, die mich leitet und begleitet
auf allen meinen Wegen Tag und Nacht.
Sei gut behütet und beschützt.
(nach Uwe Seidel, Ich stehe unter Gottes Schutz, Psalmen für Alletage,
tvd-Verlag Düsseldorf, 7. Auflage 2003)