Nicht für alle Menschen ist der Dezember eine Zeit der Erwartung und der Freude. Viele Menschen erleben ihn als eine Zeit der Angst und der Bedrohung. Auch mir erging es vor drei Jahren so.
Meine Mutter war schwer erkrankt und trotz allen Hoffens und Wünschens und Betens spürte ich tief im Inneren, dass es wohl – wenn überhaupt noch – unser letztes gemeinsames Weihnachtsfest werden würde. Obgleich sie sich über jede Kerze und ihr Licht freute, wurde es in mir immer dunkler und hoffnungsloser.
Mitte Dezember, meine Mutter war schon nicht mehr bei Bewusstsein, überreichte mir eine Pflegerin eine Karte mit den Worten: Sei nicht traurig, bald bin ich erlöst. Sie hatte es der Pflegerin wenige Tage zuvor diktiert. Zwei Tage später, genau eine Woche vor Weihnachten, starb meine Mutter mit einem Lächeln auf den Lippen. Sie freute sich auf ihr Leben bei Gott. (Wir hatten oft darüber gesprochen, sie war sehr gläubig, sie war 16 Jahre lang mit Leib und Seele Küsterin.)
Als ich wieder halbwegs klar denken konnte, suchte ich Trost bei meinem „Lieblingsautoren" Dietrich Bonhoeffer und fand ihn in folgendem Gebet, geschrieben an Weihnachten 1943 für Mitgefangene:
Gott, zu dir rufe ich in der Frühe des Tages.
Hilf mir beten und sammeln meine Gedanken zu Dir,
ich kann es nicht allein.
In mir ist es finster, aber bei Dir ist das Licht;
Ich bin einsam, aber Du verlässt mich nicht;
Ich bin kleinmütig, aber bei Dir ist die Hilfe;
Ich bin unruhig, aber bei Dir ist der Friede;
In mir ist Bitterkeit, aber bei Dir ist die Geduld;
Ich verstehe Deine Wege nicht,
aber Du weißt den Weg für mich.
Das ist keine Stille-Nacht-Atmosphäre. Da scheint wirklich ein Licht in der Finsternis! Man spürt Zuversicht und innere Gewissheit. Und diese Zuversicht gab mir wieder Licht, ließ die Zukunft nicht mehr nur dunkel erscheinen, führte mich zurück ins Leben. Ich dankte Gott für diesen Fingerzeig.
In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.
Und zu Weihnachten weiß auch ich mit Sicherheit, dass uns durch die Geburt Jesu das Leben und das Licht immer wieder neu geschenkt werden.
Gebet
Gott,
zu dir rufen wir in dieser dunklen Jahreszeit:
erhalte uns den Blick auf dein Licht.
In den Kerzen der Adventszeit liegt dein Versprechen,
uns stets nahe zu sein,
auch in den dunkelsten Momenten menschlichen Lebens.
Lass die Wärme der Kerzen unsere Herzen erreichen.
Lass dein Licht unser Leben erhellen.
Amen.
Als Lesetext zu dieser Andacht schlage ich „Das Leben" von Mutter Teresa vor.
Lieder:
„Von guten Mächten" nach der Melodie von Siegfried Fietz;
EG 65 Von guten Mächten M: Otto Abel
EG 51 Also liebt Gott die arge Welt
EG 53 Als die Welt verloren