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01.06.2011 Kategorie: Andacht

Andacht Juni 2011

Einer teilt reichlich aus und hat immer mehr; ein andrer kargt, wo er nicht soll, und wird doch ärmer. Spr 11,24 (L)

Eine seltsame Rechnung ist das. Diese paradoxe Aussage: Wer ausgibt, wird reich, wer knapst und knausert, wird arm. Sie entspricht so ganz und gar nicht den gängigen Vorstellungen vom vernünftigen Wirtschaften. Wer sein Geld zusammenhält, kommt zu etwas. Selbst soziale Hilfen und Beziehungen zwischen Menschen werden nach ihrer Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit bewertet. Ein volles Glas wird nicht voller, wenn man daraus trinkt. Ganz im Zeitgeist liegt der Werbeslogan einer Marktkette "Geiz ist geil", der zur  "Schnäppchenjagd" auffordern will. Schnäppchen auf den Schultern der Arbeitenden in Billiglohnländern. Unser Wort sagt dagegen: Geiz macht keineswegs reicher, ist auch überhaupt nicht geil, sondern macht im Gegenteil ärmer. Wer am falschen Ort spart und sich und anderen nichts gönnt, wird arm. Wer Zurückhaltung übt in Freundlichkeit, Zuwendung, Zuhören und Akzeptanz, dessen Leben wird armselig. In den Zeiten, als diese Spruchweisheiten geschrieben wurden, gab es überwiegend den Tauschhandel. Wenn eine Familie eine reichliche Ernte hatte, gab sie ab. Wer reichlich und freigiebig austeilte, war anerkannt und konnte auf die Nachbarn zählen, wenn Hilfe notwendig wurde. Die Weisheit dieses Spruchs liegt in der Erfahrung, dass die Tugend der Freigebigkeit und Großzügigkeit die Gemeinschaft bereichert. Es ist die Botschaft, die an vielen Stellen der Bibel aufleuchtet, die Botschaft von Liebe und Solidarität: Gebt, so wird euch gegeben. (Lukas 6,38) Ich habe mich oft sehr bereichert gefühlt durch die Gastfreundschaft, die mir von Frauen verschiedenster Nationalität geschenkt wurde. Ein reichliches Gastmahl, verbunden mit Freundlichkeit und Respekt. Das gemeinsame Zusammensein bringt Momente der Freude und der erfüllten Geselligkeit. So beschenkt wird man einiges tun, um sich zu bedanken und etwas zurückzugeben. So gewinnt die Gastgeberin Anerkennung und Freundschaft. Natürlich braucht es Überwindung etwas abzugeben, an dem man hängt. Auch ist es nicht immer leicht, das Richtige zu geben. Es kommt vor, dass Menschen die Großzügigkeit ausnutzen möchten. Gerade in sozialen Berufen sagen manche: „Ich hab' gegeben und gegeben, und am Ende stand ich leer da - enttäuscht und verbraucht." Für mich ist der Monatsspruch da sehr entlastend: Wenn ich gebe, kommt auch etwas zurück. Ich darf mich auch zurücklehnen und einfach mal nur empfangen - muss nicht immer tun - machen - geben. „Gib und nimm. Der Mensch soll ein Spender und Empfänger sein. Wer nicht beides in einem ist, der ist ein unfruchtbarer Baum.", sagt Martin Buber. Und auch Dorothee Sölle meint: „Der Reichtum des Menschen liegt in seinen Beziehungen zu anderen, in seinem Dasein für andere. Die Fülle des Lebens wird nicht weniger, wenn wir mit anderen teilen, sondern vermehrt sich." Mögen auch Sie diese Erfahrungen machen, in ihrer Familie, auf der Arbeit, in Ihren Freundschaften und auch in den zufälligen Begegnungen am Wegesrand: Gebt, so wird euch gegeben. (Lukas 6,38) Lieder EG 346      Such, wer da will, ein ander Ziel EG 575      Du bist, Herr, mein Licht und meine Freiheit EG 563      Lasst uns miteinander EG 588      Der Himmel geht über allen auf EG 601      Herr, hilf uns heilen Gut, dass wir einander haben, gut, dass wir einander sehn   Gebet (EG 416) O Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich Liebe übe, wo man sich hasst, dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt, dass ich verbinde, da, wo Streit ist, dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht, dass ich den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt, dass ich die Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält, dass ich ein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert, dass ich Freude mache, wo der Kummer wohnt.   Früher Franz von Assisi zugeschrieben
Beitrag von Ute Denzer-Horneber, Braunschweig